Gastbeitrag von Braida Janett, SMI-Studentin im 2. Ausbildungsjahr
Musste jemand von Euch schon mal «Luegit vo Berge und Tal» singen bei einem Bewerbungsgespräch für eine Lehrstelle oder bei der Aufnahmeprüfung ans Gymnasium? Höchstwahrscheinlich nicht. Weshalb soll denn überhaupt gesungen werden in der Schule, wenn Gesang doch – im Gegensatz zu den klassischen Fächern wie Mathematik, Sprachen und Naturwissenschaften – gar nichts bringt für die (Bildungs-)Laufbahn? Es liegt nahe, die Frage, ob denn der Gesang in der Schule etwas nütze, mit «Nein!» zu beantworten.
Ich persönlich jedoch, beantworte diese Frage nach der «Nützlichkeit» des Schulgesangs mit einem überzeugten «Ja natürlich nützt es etwas!». Mein «Ja» ergibt sich natürlich nicht in Hinblick auf eine mögliche Gymi-Prüfung oder auf die Lehrstellensuche. In unserer Gesellschaft, welche extrem auf die kognitiven Fähigkeiten und die intellektuellen Leistungen fokussiert ist, gerät das Emotionale, die Freude und der Genuss oft ins Hintertreffen. Aus meiner Sicht sollte aber Letzteres mindestens so sehr gewichtet werden im (Schul-)Alltag wie die klassischen Wissensfächer. Deshalb erscheint es mir äusserst wichtig, Gesang und Musik im Alltag der Schüler*innen zu fördern, sei es in der Schule oder zu Hause.
Für mich gibt es keine Kinder, die nicht singen oder musizieren können. Für viele ist aktives Singen und Musikmachen aber einfach nicht selbstverständlich, viel eher ist es etwas Ungewöhnliches, ja fast schon Unnatürliches. Aufgrund dieser Tatsache ist es für Lehrpersonen oft schwierig, die Schüler*innen zum Musizieren zu motivieren. Das ist auf den ersten Blick erstaunlich, ist doch unsere Umwelt so sehr wie nie zuvor, von Klängen, Geräuschen und Musik durchdrungen: Zu Hause läuft der Fernseher oder das Radio, in den Läden dudeln die Chartshits aus den Boxen und unter der Dusche lässt manch einer seine Lieblingsmusik über das Handy laufen. In unserem Alltag ist also die Musik – oder genauer der Musikkonsum – fast schon überpräsent. Das aktive Musizieren ist aber im Gegensatz dazu eher auf dem Rückzug.
Vor fünfzig oder hundert Jahren war es genau umgekehrt: Die Wenigsten hatten Mittel und Möglichkeiten Musik zu konsumieren, das aktive Musizieren und Singen war oft die naheliegende und günstigere Variante. Singen und Musizieren zu Hause, in der Schule und beim geselligen Beisammensein, war etwas Selbstverständliches; eine Tätigkeit, welche den Alltag von Erwachsenen und Kindern ganz natürlich begleitete. Insbesondere in der Schule war Gesang und Musik ein regelmässig in den Tagesablauf integriertes Ritual. Heute ist dies weniger der Fall.
Der aktuelle Schulalltag ist meist in 45-Minuten-Einheiten gegliedert und nicht selten werden die Klassen nicht von einer einzigen, sondern von vielen verschiedenen Lehrpersonen unterrichtet. In diesem Setting ist es schwierig Musik und Gesang spontan, oder auf den Moment bezogen in den Unterricht zu integrieren.
Aus eigener Erfahrung kann ich aber berichten, dass das regelmässige Singen und Musizieren im Unterricht auch jenen Schüler*innen Freude und Befriedigung bereiten kann, welche weniger ans aktive Musikmachen gewöhnt sind. Werden Musik und Gesang regelmässig und selbstverständlich in den schulischen Tagesablauf eingeflochten, werden sie langsam aber sicher etwas ganz Natürliches. Zwischen Mathematik, Sprachen und Naturwissenschaften wird die Musik so zu einem Ritual um den Kopf zu «lüften», neue Energie zu tanken, oder ganz einfach einen Moment der Freude zu geniessen.
Wenn meine Schüler*innen das Schulzimmer pfeifend oder singend verlassen, gibt mir das die Bestätigung, dass ich ihnen mehr beigebracht habe, als nur ein neues Lied. Deshalb möchte ich Euch allen ans Herz legen:
Vergesst nicht zu singen und zu musizieren in unserem von Leistungsdruck durchdrungenen Schulalltag!
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