> Salut Miguel, wie bist du zum Beatboxen gekommen?

Ich habe mit 8 Jahren begonnen, Geräusche zu imitieren. Michael Winslow in Police Academy hat mir wahnsinnig imponiert. Der Startschuss für meine Beatboxkarriere war aber ein Beatboxstück von Vanilla Ice. Ich hab ununterbrochen geübt. Auch Turbo B von Snap und Rahzel (der GodFather of Noise) waren grosse Vorbilder für mich. Michel Courtemanche bewunderte ich für sein Talent als Komiker. Sie alle haben mich geprägt.

Aber Beatboxen alleine kann fürs Publikum monoton werden. Ich setze auf Beatboxen, Comedy und Loopen. So kann ich Kindergartenkids und Erwachsene einen Abend lang unterhalten.

> Hast du musikalische Vorbilder?

Bobby McFerrin ist nach wie vor ein grosses musikalisches Vorbild für mich.

> Du kommst aus Kolumbien. Wie konntest du in der Schweiz Fuss fassen?

Mit 3 Jahren kam ich mit meiner Schwester und meiner Mutter von Kolumbien in die Schweiz. Das war eine harte Zeit. Die Schule machte keinen Spass. Aber schon als Kind spürte ich mein Talent, Leute unterhalten zu können. Ich machte aber zuerst eine Lehre als Postbote. Nebenbei hab ich viel geübt. Nach 7 Jahren hatte ich so viele Anfragen, dass ich mich als Beatboxer selbständig machen konnte. Nun bin ich Beatboxer, Musikschullehrer, hab Engagements als Sprecher und produziere Songs und Videoclips.

Alle drei Jahre findet die Beatboxweltmeisterschaft statt. Letztes Mal (2015) hab ich mit Steff la Cheffe gehostet. Das ist eine Ehre für mich. Auch dieses Jahr bin ich wieder mit dabei.

> Du bist Musikschullehrer. Wie bist du dazu gekommen?

Die Schulleiterin der Musikschule Schaffhausen hat mich an einem Workshop erlebt. Dann kam sogleich die Anfrage, ob ich an der Musikschule unterrichten will. So bin ich zu meiner Anstellung gekommen. Mittlerweile arbeite ich auch an der Musikschule Winterthur. Diese Arbeit begeistert mich sehr. Ich hab sehr talentierte Mädchen im Einzelunterricht. Das ist toll. Unsere Szene braucht unbedingt mehr Frauen.

> Wie reagieren deine Beatboxkollegen auf deine Anstellung?

Oh, sie zeigen viel Respekt. Als Beatboxer steht man nicht in der Gesellschaftsmitte. Doch als Musiklehrer «hab ich’s geschafft». Das ist ein gutes Gefühl akzeptiert zu werden.

> Ich hab dich an einem Beatboxworkshop kennengelernt. Kann man dich auch für Schulen buchen?

Ja, das mach ich sehr gerne! Bei Kindergartenkindern arbeite ich vorwiegend mit Tiergeräuschen und einfachen Beats und bei Oberstufenschüler_innen kann man richtig aufdrehn. Ich mag alle Altersstufen. Auch mit Erwachsenen hab ich etliche Workshops veranstaltet. So wie’s ausschaut, werd ich auch nächstes Jahr in der Lehrerfortbildung der Ostschweiz dabei sein.

Hier geht es zum Angebot von schule&kultur für ein Schulhauskonzert oder einen Workshop mit Camero.

> Du bist ADHS Botschafter. Kannst du dazu mehr erzählen?

Vor einigen Jahren habe ich mir ein Buch über ADHS gekauft, jedoch nicht für mich, sondern für jemanden, der sehr stark davon betroffen war. Bevor ich es weggeben wollte, war es mir ein Anliegen, dieses Buch zuerst zu lesen, in der Hoffnung, die betroffene Person besser verstehen zu können. Je mehr ich darin las, desto mehr wurde mir bewusst, dass ich ein Buch über mich und meine Probleme in den Händen hielt. Nichts was ich mir einbildete, sondern alles Dinge, mit denen ich schon mein Leben lang zu kämpfen hatte. Auch ich fiel in der Schule auf, war ein grosser Träumer, unkonzentriert und einfach etwas anders als die Anderen, was sich immer sehr schnell bemerkbar machte. Man schickte mich zum Kinderpsychologen oder zum Hörtest, da ich Mühe hatte zuzuhören. Doch an meinen Ohren lag es nicht. Ich hatte schon immer grosse Mühe, mich zu konzentrieren und meine Beine still zu halten.  Auch mir war bewusst, dass da irgendwas mit mir nicht stimmt. Dieses Buch über ADHS klärte mich auf und es fiel mir ein grosser Stein vom Herzen. Endlich wusste ich was ich habe. Nichts Schlimmes, nein, sondern eine Herausforderung! Und ich liebe Herausforderungen. Trotz ADHS habe ich in meinem Leben extrem viel erreicht und möchte noch viel mehr erreichen. Das Wichtigste für ADHS Betroffene ist der Glaube an sich selbst und eine grosse Portion Selbstliebe. ADHS ist keine Krankheit sondern eine Herausforderung, die jeder meistern kann!

> Wie sieht deine Zukunft aus?

Ich möchte meinen Fokus aufs Unterrichten lenken. Die Bühne macht grossen Spass, braucht aber auch sehr viel Energie. Ich möchte mein Wissen gerne an junge Menschen weitergeben und sie auf die Bühne pushen. Das macht mir noch fast mehr Freude als selbst dort zu stehen. Ich arbeite zur Zeit an einem Beatboxlehrmittel. Gleichzeitig sollen Tutorials auf Youtube zeigen, wie man beatboxt. Eine DVD wird entstehen und Videos sind geplant. Zudem mache ich eine Ausbildung als ADHS Coach am ICP Solothurn. Darauf freue ich mich sehr.

www.camero.ch

Live am 11.3.2018 im Stall 6 in Zürich:

Beatbox Crashkurs für Kids

Beatboxing Hands

Interview Top Talk

Camero als Batbox-Entertainer

Mini Stadt (Schaffhausen) – Hommage an «Bloss e chlini Stadt» von Dieter Wiesmann

Leben mit ADHS