Lieber Nuri, bitte erzähle uns zunächst etwas von dir.
Ich bin ein Schüler der Kantonsschule Freudenberg und befinde mich zurzeit im letzten Schuljahr.
Wie sieht deine bisherige musikalische Laufbahn aus?
Mit drei Jahren habe ich begonnen, Klavier zu spielen und mit sieben Jahren bin ich, 2007, den Zürcher Sängerknaben beigetreten. Im selben Jahr noch habe ich begonnen, Schlagzeug zu spielen. 2009 durfte ich mit den Sängerknaben nach China reisen und 2011 im Theater St. Gallen den ersten Knaben in der Zauberflöte singen. Mit den Zürcher Sängerknaben trete ich pro Jahr über zehn Mal an ganz unterschiedlichen Anlässen und Orten auf. Dank den Konzerttourneen bin ich neben China schon in Bulgarien, Ungarn, Italien und dem Baltikum gewesen.
Seit gut drei Jahren spiele ich im Blasorchester der Schule Schlagzeug und durfte den Schulchor bereits zwei Mal begleiten.
Im fünften Schuljahr hatte ich die Chance in der Administration des Tonhalle-Orchesters Zürich als Schülermanager im Bereich Marketing und Kommunikation mitzuhelfen. Eine tolle Zeit, in der ich sehr viel gelernt habe.
Gibt es in deiner Familie MusikerInnen?
Nein, von Beruf ist in der Familie niemand Musiker, wir mögen Musik jedoch alle sehr gerne.
Wann hat sich die Idee entwickelt neben der Schule mit deinen Klassenkameraden zu musizieren?
Das Interesse war grundsätzlich schon immer vorhanden, da ich Musizieren egal welcher Art mag und am Gymnasium boten sich dazu immer öfter Chancen. Vorerst im Musikunterricht und im Blasorchester der Schule. Später durfte ich den Schulchor als Perkussionisten begleiten und zur Zeit nehme ich mit Schulkameraden einige Songs auf.
Welche Art von Musik macht ihr?
Dies hängt natürlich vom Rahmen ab. Grundsätzlich ist es jedoch Musik, welche für Klavier, Bläser und Perkussion geeignet ist. Von Jazz über Funk zur klassischen Musik kann daher alles vorkommen. Elektronische Musik haben wir bisher jedoch noch nie gemacht.
Hast du/ihr ein musikalisches Vorbild?
Ich fände es schwer, an dieser Stelle Namen aufzuzählen. Was mich immer wieder beeindruckt sind jedoch die „klassischen“ Komponisten. Sie haben unter, für uns unvorstellbaren, Umständen Musik geschrieben, die heute noch, Jahrhunderte später, aufgeführt, interpretiert wird und viele unter uns berührt. Dabei starben viele der grossen damaligen Komponisten arm, ihre Musik wurde erst später richtig bekannt und geschätzt. Und doch blieben sie dran, musizierten weiter. Als Vorbild fungieren sie also dadurch, dass sie die Musik lebten und im Moment genossen, versuchten, zu übermitteln, Gefühle auszudrücken. Der Kommerz stand dabei nicht im Vordergrund, wie es heute leider öfters der Fall ist.
Du hast im Laufe der Schulzeit schon viele Musiklehrpersonen kennengelernt. Was macht deiner Einschätzung nach eine gute Lehrperson aus?
Eine gute Musiklehrperson soll die Musik übermitteln können. Vom harmonischen Aufbau und der Logik dahinter, sprich der Theorie, über den zeitlich/geschichtlichen Hintergrund und der Interpretation soll meiner Meinung nach ein Schüler somit Bescheid wissen.
Als Schülermanager beim Tonhalle-Orchester Zürich musste ich das erste Violinkonzert von Schostakowitsch Jugendlichen in meinem Alter näher bringen, keine einfache Aufgabe. Denn das Konzert war für die meisten „nicht schön, kitschig, klassisch eben“. Doch mit dem nötigen Hintergrundwissen zur Zeit, in der das Werk geschrieben worden war, kann auch jemand, der sich diese Art Musik nicht gewohnt ist, etwas damit anfangen.
Ich verstehe, dass Musik nicht jedermanns Sache ist, doch wenn man tiefer in die Musikwelt eindringt, erkennt man, dass Musik nicht nur Akkorde, Melodien, Stimmen oder Beats sind; vielmehr verkörpert gute Musik Gefühle, Momente, Ereignisse oder ganze Geschichten.
Wenn eine Musiklehrperson die Schüler dazu animieren kann, Musik nicht als Musik zu sehen sondern auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig wahrzunehmen, ist sie meiner Meinung nach gut.
Musik machen, Musik analysieren und Musik vermitteln sind, denke ich, wichtige Aspekte.
Welche Rolle spielen/spielten die Musiklehrpersonen in Bezug auf deine musikalische Entwicklung?
Ich habe Glück, so viele Musiklehrpersonen zu haben. Von den Lehrpersonen des Schulfaches, über die Instrumentallehrer, bis hin zu den Chorleitern der Zürcher Sängerknaben. Denn alle hatten auf ihre Art Einfluss. Die einen zeigten mir die verschiedenen Ebenen, die Musik eben beinhaltet auf und halfen mir, diese zu deuten. Andere halfen mir, das gedeutete umzusetzen, selber in die Musik einzubringen. Ohne all die Musiklehrer wäre ich jedoch niemals so weit gekommen, wie ich es in der Musik im Moment bin.
Auszug meines Maturvorspiels am Schlagzeug inkl. Notation:
Ihr durftet als Klasse ein musikalisches Projekt mit Flüchtlingen erleben. Erzähl etwas darüber.
Es war super! Das Ziel des Projektes war es, mit Flüchtlingen zu musizieren. Dazu haben wir uns einige Male mit ihnen getroffen, zusammen Musik aus den jeweiligen Ländern und Kulturen einstudiert. Für mich war es ein tolles Erlebnis. Jede Person, jedes Land, jede Kultur hat eine eigene Musik, doch gemeinsam haben wir sie einstudiert, erforscht, uns gleichzeitig kennengelernt. Vor allem hat uns die Musik jedoch vereint, man konnte sich durch die Musik problemlos verständigen, zusammen Spass haben.
Wie sieht deine musikalische Zukunft aus?
Ich hoffe, dass mich Musik auch weiterhin begleiten wird und hoffe, dass sie ein fester Bestandteil meines Lebens bleiben wird. Dass ich selber weiterhin musizieren werde, ist klar. Ob alleine oder in Gruppen weiss ich nicht.
Beruflich werde ich jedenfalls wohl kaum Musiker. Ich bin seit Jahren fest davon überzeugt, Chirurg zu werden. Ich kenne jedoch viele Mediziner, die im Privatleben viel und gerne musizieren. Die Musik bietet nämlich einen super Ausgleich. Für vieles.
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