Am Samstag, 10. März trafen sich Lehrpersonen, Studierende und Dozierende Schulmusik um das Theremin zu erleben und gemeinsam der Frage nach zu gehen, welche Möglichkeiten dieses Instrument im Schulunterricht bietet.
Coralie Ehinger, Thereminspielerin aus Lausanne, stellte die Funktionsweise und Geschichte des Instrumentes vor. Dabei wurde deutlich, wie spannend eine fächerübergreifende Zusammenarbeit im Schulunterricht sein könnte (z. B. Musik (Die Geschichte der elektronischen Musik) / Physik (Was sind elektromagnetische Wellen und wie baut man ein Theremin?) / Geschichte (Das Leben Leon Theremins als ein Stück Zeitgeschichte).
Das Theremin ist ein aufmerksames Instrument und erfordert grosse Konzentration und Kontrolle des Körpers. Selbst das Atmen wird vertont. Es funktioniert wie ein Radioapparat, die Hände sind dabei Elektrizitätsleiter und kontrollieren Lautstärke und Tonhöhe. Der Klang ähnelt manchmal einem Tierlaut, manchmal Frauengesang und ist doch nicht von dieser Welt.
Das frühe elektronische Musikinstrument wurde um 1920 vom Ingenieur Lew S. Thermen, in den USA nannte er sich später Leon Theremin, im Labor für elektronische Schwingungen gebaut und passte zum Fortschrittsgedanken der 20erJahre. ((Nach dem gleichen Prinzip erfand Theremin auch Alarmanlagen. Zu seinen Erfindungen zählen weitere elektronische Instrumente, z.B. ein Cello ohne Saiten, eine Rhythmusmaschine und ein Ganzkörpertheremin, das Tanz in Musik verwandelte.)) Mit Lenins Unterstützung stellte Theremin sein Instrument in den Konzerthäusern von Paris, London und New York, wo er sich 1928 niederliess, vor. Als wichtiger Vertreter der russischen Avantgarde und Abgesandter der Revolution, wahrscheinlich auch als Spion, geriet Theremin in die Mühlen der ideologischen Systeme des 20. Jahrhunderts. 1938 verschwand er spurlos aus den USA ((In einigen Musiklexika ist dieses Jahr als Todesjahr angegeben.)), es wird spekuliert, dass er vom sowjetischen Geheimdienst entführt wurde. Nachdem der Ingenieur zunächst im Arbeitslager war, wurde er einer Forschungseinrichtung zugewiesen, wo er unter anderem die Abhörwanze erfand. ((Erst unter Michail Gorbatschow wurde Theremin wieder bekannt und trat 1990 auf dem Festival für elektronische Musik in Stockholm auf. Zum Weiterlesen: Glinsky, Albert: Theremin, ether music and espionage, Illinois 2000.))
Besonders die Virtuosin Clara Rockmore machte das Theremin bekannt. Die Vermarktung als leicht zu lernendes Instrument für alle und die Serienproduktion blieben jedoch erfolglos, nicht nur wegen der Weltwirtschaftskrise, sondern auch, da die Beherrschung des Theremins selbst Musikerinnen und Musiker herausforderte.
Auf Grund seines geheimnisvollen Klanges wurde es vor allem in der Filmmusik von Horror- und Science-Fiction-Filmen verwendet. Neben bekannten Beispielen wie The Day The Earth Stood Still (Regie: Robert Wise, 1951) und Spellbound (Regie: Alfred Hitchcock, 1945) zeigte Dennis Bäsecke-Beltrametti in seinem Workshop andere Film- und Serienausschnitte und erläuterte die Verwendung des Theremins. Das Theremin unterstreicht in Fernsehserien häufig den Charakter eines Nerds, wie Sheldon Cooper, der in der Serie The Big Bang Theory das Theremin spielt oder Milhouse in der Serie Die Simpsons.
Die umfangreichste Anwendung eines Theremins in der Fernsehfilmmusik ist in der englischen Krimiserie Inspector Barnaby (englischer Titel: Midsomer Murders).
Gemeinsam mit den Teilnehmenden diskutierte Mi-Helen Müller-Trautmann die Verwendung des Theremins im Musikunterricht. Verschiedene Themenbereiche des Musikunterrichts, wie “Bewegung-Klang-Bild”, “Mehrstimmigkeit” oder “Musikalische Gestaltung” wurden unter Einbezug des Theremins vorgestellt, und einfache Übungen für die Spieltechnik ausprobiert.
Zum Abschluss gab Coralie Ehinger ein Konzert. Als Gründerin des Festivals N/O/D/E in Lausanne plant Coralie Ehinger zum 100jährigen Jubiläum ein spezielles Programm. ((Informationen zum Festival werden wir auf MAX veröffentlichen.))
“Nachdem Theremin-Klänge immer wieder in Rock- und Popstücken zu hören waren (z.B. Beach Boys “Good Vibrations”, Led Zeppelin “Whole Lotta Love”, Portishead “Mysterons”), gibt es heutzutage eine Vielzahl unterschiedlicher Theremin-Nachbauten, MIDI-Versionen, Bausätze und Software-Adaptionen sowie Theremin-Communities (www.thereminvox.com) und Musiker, die sich auf dieses Instrument spezialisiert haben.” ((Stange-Elbe, Joachim; Bronner, Kai: Musikinstrumentenindustrie im digitalen Paradigmenwechsel, S. 313. In: Gensch, Gerhard; Stöckler, Eva Maria; Tschmuck, Peter (Hrsg.): Musikrezeption, Musikdistribution und Musikproduktion, Wiesbaden 2008.))
So verfolgen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Massachusetts Institute of Technology (MIT) die Möglichkeiten, das Prinzip des Theremins – elektrische Felder – als Steuerung des Computers einzusetzen. Tod Machover, Komponist und Professor für Music and Media am MIT, entwickelt im Sinne Theremins Technologien, die Amatuerinnen und Amateuren das Musizieren erlauben. ((Aus den Forschungsergebnissen seines Labors entstand Guitar Hero.)) Diesen Weiterentwicklungen werden wir im Jubiläumsjahr 2020 ebenso begegnen wie alten und neuen Klängen des Theremins.
Dieses Video zeigt 17 Thereminspielerinnen und -spieler beim N/O/D/E Festival.
Neben der Beschäftigung mit einem Thema bietet der Praxistag an der ZHdK den Teilnehmenden die Möglichkeit, Netzwerke zu fördern, Kontakte zu ehemaligen Studierenden zu halten und neue Kontakte zu knüpfen.
Der nächste Praxistag findet am Samstag, 9. März 2019 statt.
Schulmusikerinnen und Schulmusiker können Sabine Dani gerne Themenwünsche mitteilen, um an der Ausgestaltung der Weiterbildungsinhalte mitzuwirken. Welche Themen interessieren euch?
- Technik / IT / Medien
- Bewegung / Bodypercussion
- Forschendes Lernen
- Musikgeschichte / Theorie
- Vokale Arbeit / Stimmbildung
- Rhythmus / Perkussion
- …
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