Producing in der Sekundarschule

von Joel Tapernoux

Auf der Sekundarstufe ist es im Musikunterricht häufig schwierig, die SuS in einen kreativ-schöpferischen Prozess mit einzubeziehen, da dies schnell einige Kenntnis an Musiktheorie voraussetzt. Demnach müsste man, um einen Song zu komponieren, erst mal Notenschrift, Formlehre und Stufenharmonie verstehen.

In Musik-Apps wie Garageband kann man diese Schwierigkeit umgehen, indem man einfach vorgefertigte Loops aneinanderreiht und somit schnell ein «Ensemble» zum Klingen bringen kann. In der Regel können diese Loops jedoch bestenfalls im Tempo variiert werden, nicht aber in Melodie oder harmonischer Struktur. Eine Komposition, die auf solchen Loops basiert, wird daher zwangsläufig irgendwann einmal monoton, da sie sich fortwährend nur auf einer Harmonie bewegt (im Fall von Garageband in C-Dur). Die titelgebende App hingegen zeichnet sich durch Loops aus, welche in der Harmonie verändert werden können.

Ein Bass-Riff kann daher sowohl auf Tonika, Subdominante als auch Dominante erklingen, was eine Phrase schon viel spannender gestalten kann. Komischerweise können nicht alle möglichen 12 Harmonien ausgewählt werden, aber es gibt dennoch eine grosse Vielfaltsmöglichkeit, ohne dass die Theorie dahinter zwingend verstanden werden muss.

Musik Maker JAM! funktioniert in Formteilen. Innerhalb dieser Formteile, deren Länge 1, 2, 4, oder 8 Takte betragen kann, werden verschiedene Loops zusammengestellt. Diese werden aber nicht wie in typischer Musiksoftware übereinander gezeigt, sodass die Horizontale den zeitlichen Verlauf anzeigen kann, sondern nebeneinander. Da alle Loops gleich lange sind, wird die zeitliche Ebene nur oben in den Formteilen und der Harmonie gezeigt.

Insgesamt fand ich die App geeignet, um mit einer Klasse ein Producing-projekt damit durchzuführen. Da die Loops eine gute Vielfalt und Qualität aufweisen, können schnell Tracks entstehen, welche wirklich gut klingen.

Ich habe das Glück, an einer Privatschule zu unterrichten, in der wir mit kleinen Klassen arbeiten (<12 SuS). Daher ist es relativ überschaubar, wenn alle mit Smartphone arbeiten. Die Idee war, mittels kleinerer, angeleiteter Projekte die App kennenzulernen, um danach selbstständig ein grösseres Projekt durchzuführen. Die Vorbereitungsaufträge wurden teils per Übertragung auf den Beamer vorgezeigt. Dazu gehörten das Herunterladen und installieren verschiedener Loop-pakete, durchgehen des Tutorials, exportieren der Projekte uvm.

Daneben machten wir uns auch von der musikalischen Seite her Gedanken, was ein Song braucht. Da das App Formteilbasiert ist, sind wir die einzelnen Songteile eines typischen Pop-Songs durchgegangen. Da man die Formteile benennen kann, sieht man auch immer visuell, in welchem Teil man gerade ist. Auch Dynamik und Frequenzverteilung haben wir besprochen, und die Harmonien habe ich zunächst vorgegeben (immer Taktweise).

Das abgegebene Produkt hat eine Note gegeben. Hier zwei der entstandenen Werke:


Wenn immer mit Handy gearbeitet wird, vor allem wenn per Internet etwas heruntergeladen werden soll, muss für die ersten Schritte viel Zeit eingeplant werden. Bis alle bereit sind, um mit dem produzieren zu beginnen, kann gut eine Lektion verstreichen. Auch später im Prozess hatten wir immer wieder technische Probleme. Grundsätzlich ist die Tätigkeit am eigenen Mobilgerät jedoch eine Arbeitsweise, die den Jugendlichen sehr natürlich liegt und somit hohe Konzentration fördern kann. Einige haben zuhause auch weiter am Projekt gearbeitet, was durchaus erlaubt und sogar erwünscht war. Auch wenn die SuS mit viel intrinsischer Motivation an ein solches Projekt herangehen, muss u.U. doch sehr eng begleitet werden, damit am Schluss auch brauchbare Resultate zu sehen sind. Den SuS gefiel die Arbeit jedoch sehr. Eine Schülerin, welche nicht ein ganz so gutes Resultat wie oben gezeigt abliefern konnte, hat das Projekt beim Feedback am Ende des Jahres nochmals positiv hervorgehoben.

Musik Maker JAM ist zusammengefasst eine gute Möglichkeit für Jugendliche, selber Musik zu produzieren, die effektiv gebraucht und gehört werden kann, ohne dafür zuerst ganz viel trockene Theorie lernen zu müssen. Aus dem Spielerischen heraus kann jedoch das Bedürfnis entstehen, mehr davon zu verstehen, was in jeder Lernphase dann gewinnbringend gleich wieder eingesetzt werden kann.